6. Mai 2019

FM ist der große Hebel, um die Workplace Experience positiv zu beeinflussen

Internet of Things, Künstliche Intelligenz, BIG Data, Robotik, Building Information Modeling, Sensorik oder Cloud-Computing – die neuen technologischen und methodischen Möglichkeiten der Digitalisierung eröffnen vielversprechende und vielfältige neue Chancen für die Bau- und Immobilienwirtschaft. Zu klären und zu entscheiden, was diese Entwicklungen für das eigene Kerngeschäft bedeutet, stellt die Verantwortlichen allerdings auch vor einen gravierenden Entscheidungsdruck. Individuelle Digitalisierungsstrategien sind gefragt, zu denen längst noch nicht jeder eine Antwort gefunden hat. Dabei besteht die wohl größte Herausforderungen von Unternehmen und Verwaltungen in der Digitalisierung darin, überhaupt die talentierten Nachwuchskräfte zu gewinnen, die für den notwendigen Wandel benötigt werden – und an die eigenen Organisationen zu binden.

Einer, der aufgrund seiner Aufgaben einen sehr guten Überblick über die aktuelle Lage in den nationalen und internationalen Märkten hat, ist Thomas Kirmayr. Als Leiter der vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Initiative Kompetenzzentrum Mittelstand 4.0 Planen und Bauen sowie Geschäftsführer der Fraunhofer-Allianz Bau ist er da zu Hause, wo Innovationen und neue Technologien in praktische Projekte und erfolgreiche Geschäftsmodele übergehen. „Eine Digitalisierungsstrategie kann erst dann eine erfolgsversprechende sein, wenn sie den Menschen bzw. die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen als entscheidende Akteure der Umsetzungsstrategie versteht. Schon heute und künftig noch viel mehr wird der Wettstreit um die Ressourcen Kompetenz und Talent strategieentscheidend sein,“ warnt er. Tatsächlich wurde unlängst berichtet, dass auf vier Ingenieure, die in Deutschland in den Ruhestand gehen, nur ein neu ausgebildeter Ingenieur nachkommt, um nur ein gravierendes Beispiel zu nennen. Ebenso bedeutend aber ist es, die erfahrenen, spezialisierten und kompetenten Mitarbeiter/innen des eigenen Unternehmens auch zu halten:

Der Wettbewerb um personelle Ressourcen ist in vollem Gange und Headhunter sind zur Höchstform aufgelaufen.

Gleichzeitig führt die Digitalisierung zu neuen Gefahren für eingesessene Firmen durch disruptive Technologien und Geschäftsmodelle sowie einem intensivierten internationalen Wettbewerb und stark wachsenden Anforderungen an Nachhaltigkeit und Compliance. Die strategische Ausrichtung des Kerngeschäfts muss schneller auf Entwicklungen reagieren und flexibler werden. Und auch die Arbeitsplätze sind längst mobil geworden, Mitarbeiterteams fügen sich immer wieder neu zusammen, sie arbeiten projektorientiert und kollaborativ, und die Einzelnen haben individuelle Anforderungen an ihre Arbeitsplatzumgebung und an eine Work-Live Balance. Die Personalverantwortlichen rotieren und müssen neue und innovative Arbeitsplatzstrategien entwickeln. Wo sie sich in der Vergangenheit mit Recruiting, Gestaltung von Assesment-Zentren und Gehaltsmodellen befasste, rückt nun zusätzlich auch hierzulande das Workplace-Management neu und mit Kraft in den Vordergrund. Denn Workplace-Management hilft, die Zufriedenheit von Mitarbeitern zu erhöhen und das Unternehmen für neue Talente attraktiver zu machen.

Workplace-Management leistet einen bedeutenden Beitrag zur Mitarbeitergewinnung und -Bindung, zur Steigerung ihrer Produktivität und zur gesteuerten Flexibilisierung der Organisation.

In den angelsächsischen oder skandinavischen Märkten etwa ist das Workplace-Management eine Disziplin, die meist Bestandteil des Facility Managements ist. Dort ansässige Anbieter von IT zur Unterstützung von FM-Dienstleistungen (CAFM) verfügen daher auch längst über IT zur besseren Organisation von Prozessen rund um das Workplace-Management – oft mit CAFM kombiniert: Integrierte Workplace Management Systems  (IWMS). Hierzulande wurde aus Sicht des für Immobilien verantwortlichen Managements dagegen gerne zwischen den Kernprozessen (mit Personal-, Finanzen- oder Anlagenmanagement, etc …) auf der einen Seite, und den Sekundärprozessen auf der anderen Seite (alles was sonst Facility Management ist) unterschieden. Und Gleiches gilt oft auch für hiesige FM-Berater, FM-Dienstleister oder CAFM-Anbieter.

Nun wird sich die beteiligte Branche auf eine wachsende Bedeutung von Workplace-Management (und IWMS) einstellen müssen, um ihren Kunden weiterhin vorausschauende Dienstleistungen für deren Digitalisierungsstrategien erbringen zu können. Denn wie anders soll das zunehmend komplexe Netzwerk von Voll- und Teilzeitkräften, Zulieferern und Kunden, der Zugang zu kollaborativen Infrastrukturen oder gemeinsamen Arbeitsbereichen, Autos und Arbeitsmittel, Kantinen und Gesundheitsbereiche dynamisch, effizient und kreativ nicht nur verwaltet, sondern strategisch ausgerichtet gemanagt werden? Betrifft es doch das gesamte Flächenmanagement, mit Raumnutzung, Reservierung, Belegung, Schlüssel, Hoteling oder Reinigung, um einige der klassischen Prozesse zu nennen.

Workplace-Management hilft Unternehmen, Menschen, Orte und Prozesse besser und gezielter miteinander zu verbinden. Es leistet zugleich einen strategischen Beitrag, den Wert des Immobilienportfolios und der technischen Anlagen zu erhöhen und die Kosten zu senden.   

Es ist hinlänglich bekannt, dass die Auslastung von Bestandsimmobilien oftmals unter 70 Prozent beträgt. Weniger bekannt sind hingegen Wege und Methoden auch in den flexiblen Arbeitswelten zu einer höheren Auslastung zu gelangen und dadurch nicht nur Fläche, sondern auch Energie zu sparen und damit etwa auch den CO-2 Ausstoß zu verringern. Und die Diskussion über eine FM-gerechte Planung sowohl bei Neubauten und erst Recht beim Bauen aus dem Bestand heraus dreht sich immer wieder um die Frage: Wie können Erfahrungen aus (Arbeitsplatz-) Nutzungsmodellen und -Vorhaben frühzeitig so berücksichtigt werden, dass die strategische Entwicklung des Kerngeschäfts mit den bereit gestellten Flächen oder auch den Laufwegen optimal in der Planung mit aufgenommen werden.

Und Christian Kaiser schrieb dazu zuletzt: „Die größte Herausforderung für eine erfolgreiche Digitalisierung in Facility Management und Gebäudebetrieb besteht darin, dass in vielen Chefetagen etwa bei mittelständigen Bauherren, Eigentümern oder Mietern die Bedeutung einer digitalen Real Estate Strategie für ein erfolgreiches Kerngeschäft noch nicht hinreichend erkannt ist. Corporate Real Estate und das Facility Management sind häufig noch getrennt“. So könnten Erfahrungen nicht hinreichend ausgetauscht, aus Fehlern nicht genügend gelernt und auch nicht immer die ideale IT-Unterstützung kombiniert werden.

Corporate Real Estate und das Facility Management sind häufig noch getrennt. Ein Fehler?

Wären die Verantwortlichen eher bereit, die FM-Berater und FM-Dienstleister konkreter in die Strategie der Kernorganisation zu integrieren, könnten Methoden und IT für Workplace-Management zu einem zentralen Bestandteil des strategischen Assetmanagements werden. Denn es spielt in Prozesse, wie Portfoliomanagement, Projektmanagement, Instandhaltungs- und Auftragsmanagement hinein, zugänglich über ein mobiles Framework. So würde die Nutzung der Vermögenswerte optimiert, das Gesamtrisiko in der Digitalisierung reduziert und die Flexibilität der Kernorganisation erhöht. Die dadurch freiwerdenden Mittel stünden für eine bessere Arbeitsplatzstrategie und für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zusätzlich zur Verfügung.

Workplace Experience ist heute ein Erfolgsfaktor des Kerngeschäftes!

Auch der Workplace Experte und Vorstandsmitglied bei der GEFMA, Oliver Vellage, äußerte sich dazu unlängst auf XING: „Die Workplace Experience ist heute ein Erfolgsfaktor des Kerngeschäftes, zahlt sie doch auf die Mitarbeiterzufriedenheit ein, die maßgeblichen Einfluss auf Innovationszyklen, Kundenzufriedenheit und damit Profitabilität hat, wie eine MIT Studie belegt. Facility Management ist mit seiner Servicebreite und -Tiefe ein sehr großer Hebel, um die Workplace Experience positiv zu beeinflussen und damit einen Wertbeitrag zum Unternehmenserfolg zu leisten. LIQUID – SHARED – COWORKING – das Facility Management wird zum Workplace Management, das Dienstleistung, Technologien und Prozesse umfasst und intelligent vernetzt.“ Es würde höchste Zeit, sich intensiver mit den digitalen, operationellen, kulturellen und menschlichen Veränderungen der neuen Arbeitswelt zu befassen und dafür die Zukunftsperspektiven zu erarbeiten.
P.S. Oliver Vellage und Christian Kaiser sprechen zum Thema auch auf der servpark 2019, am 25. und 26.6. in Frankfurt.