4. Februar 2021
Real Digital Leader: In Real Estate, Facility- und Workplace-Management
No 03: In der Transformation zur Digitalisierung. Erfahrungen aus dem Real Estate Management der Beiersdorf AG
Im Jahr 1880 ließ sich der märkische Apotheker Paul C. Beiersdorf mit 44 Jahren in Hamburg nieder. Dort gründete er zwei Jahre später das Unternehmen, dessen Produktmarken heute zu den weltweit bekanntesten zählen und in vielen Haushalten zu finden sind, die Beiersdorf AG. Schon 1911 konnte man die NIVEA Creme kaufen, und den Pflegestift Labello gab es sogar schon zwei Jahre früher. Heute zählen zu Beiersdorf 160 internationale Gesellschaften auf der ganzen Welt. Und mit ihren ca. 20.000 Mitarbeiter/innen weltweit erwirtschaftete sie in 2019 einen Umsatz von 7,653 Milliarden Euro.
Dem Standort Hamburg ist sie treu geblieben. Von hier werden die weltweiten Geschäfte gesteuert. Rund 3700 Mitarbeiter/Mitarbeiterinnen arbeiten, forschen und produzieren für Beiersdorf auf über 190.000 qm Fläche am Heimatstandort im Hamburger Bezirk Eimsbüttel. Dem Unternehmen und seiner Pensionskasse gehören am Standort Hamburg über 90 Immobilien; vor allem Bürogebäude, Laborgebäude, Produktionsgebäude und Lagerstätten, aber auch Wohnhäuser und weitere Immobilien, die an Fremdfirmen vermietet werden, wie beispielweise ein Fitnessstudio. Die Neubauten und gewachsenen Bestände werden aus einer Organisation heraus geplant und gemanagt, der Abteilung Real Estate Hamburg. Wir sprachen mit Alexander Hübner, der dort verantwortlich für die Fach-IT Themen und EDV-Lösungen ist. Mit seinen Kollegen prägte und begleitete er die Digitalisierung des Bau- und Facility Managements bei der Beiersdorf AG von der ersten Stunde an.
Alexander Hübner kam 1991 zum Unternehmen. Als technischer Zeichner von Hause aus übernahm er in der damaligen Bauabteilung in verschiedenen Bereichen Verantwortung – z.B. in der Büroraum-Planung, der Vermietung oder auch im Umzugsmanagement. Er sammelte Erfahrungen in verschiedenen Prozessen, mit dem ersten CAD-System des Unternehmens und mit fortschreitender Ausbreitung von IT später auch an den ersten PCs mit Ausschreibungssoftware. Er war auch involviert, als es 1997 zu einer Umstrukturierung kam und das Flächenmanagement der Bauabteilung zugeordnet wurde. Die Daten für den Betrieb kamen da noch von den CAD-Zeichnungen. Doch von diesem Zeitpunkt an wurden Gebäude und Räume mit verschiedenen Kostensätzen in die interne Leistungsabrechnung einbezogen und auf einer zentralen Datenbank hinterlegt. Die Verantwortung für Planen, Bauen und Betreiben lag von da an in einer Hand. Beim Einsatz der IT blieb die Beiersdorf AG stets auf dem neuesten Stand. Mit fester Regelmäßigkeit wurde die Zweckmäßigkeit von Soft- und Hardware evaluiert und neue Entwicklungen analysiert. So kam es in einem nächsten Schritt zur Koppelung von CAD mit einer Access-Datenbank. Und in 2000 entschied man sich für die Beschaffung einer CAFM-Software.
Bedeutend für die Auswahl von CAFM: Weitere Entwicklungen und künftige Ansprüche dürfen nicht in einer technischen Sackgasse enden
Die Liste der Anforderungen, die das neue CAFM-System erfüllen sollte, war auch vor 20 Jahren schon lang. Zunächst fanden sich dort die Namen von 15 Anbietern. Die Kriterien für die Auswahl richteten sich nach kurz-, mittel- und langfristigen Zielvorstellungen: Von der Unterstützung der internen Leistungsverrechnung über das Flächenmanagement und Mietmanagement bis hin zu Maintenance und Ticketmanagement. Neben dem Leistungsumfang des auszuwählenden CAFM-Systems war zudem von großer Bedeutung, dass weitere Entwicklungen und künftige Ansprüche nicht in einer technischen Sackgasse enden durften. Die grundlegende Voraussetzung bestand jedoch in einer bestehenden bidirektionalen Schnittstelle zu dem im Real Estate Management gesetzten AutoCAD. Im Ergebnis fiel die Entscheidung auf das CAFM der Archibus Solution Centers Germany.
Die Übernahme der Daten aus der Access-Datenbank in das neue CAFM-System und die Ablösung des Altsystems erfolgten dann rasch. Damit waren schon mal die Daten der Neubauten aus den zurückliegenden Jahren im System. Parallel zur Einführung von Archibus-CAFM wurde ein zweites Projekt umgesetzt: Viele ältere Immobilien waren noch in ganz unterschiedlicher Weise und vor allem auf Papier dokumentiert. Auch deren Datenbestand sollte digital vereinheitlicht und insgesamt bessere Voraussetzungen für eine weitere interne Umstrukturierung geschaffen werden: Neue Bauprojekte wollte man nicht länger selber und mit eigenem Personal realisieren, sondern an externe Architekten und Bauträger vergeben. Und auch diese Umstellung gelang: Die konkreten Anforderungen an die Planer für Neu- und Umbauten kamen weiterhin direkt aus dem Betrieb. Doch jetzt erhielt man von den externen Architekten das Rahmenraumbuch gemäß den Ausschreibungsvorgaben mit den relevanten Daten, die in das neue einheitliche System eingespielt werden konnten.
Zielsetzung der Einführung: Optimale Unterstützung für Orientierung, Kommunikation und Kooperation
Mit Abschluss dieser Umstrukturierung gelangte die Bereitstellung von unternehmensinternen Services in den Fokus der Abteilung Real Estate Hamburg. Diese musste sich allerdings in Effizienz und Qualität mit externen Marktwerten messen lassen. Und um die damit einhergehenden Ziele zu erreichen, erwies sich der Einsatz von Archibus-CAFM als wesentliche Voraussetzung. Schwer vollstellbar sei es laut Alexander Hübner, wie das allein mit CAD und Excel hätte gelingen sollen, dafür würde man heute im täglichen Betrieb viel zu viele Zeichnungen entlang der Prozesse bewegen. Das ginge nicht ohne ein CAFM-System, das Orientierung, Kommunikation und Kooperation optimal unterstütze – zum Beispiel im Reinigungsmanagement mit integrierter Qualitätskontrolle. So sei jederzeit nachvollziehbar, wer wann was gemacht hat, und handschriftliche Notizen gehörten der Vergangenheit an. Die zuständigen Mitarbeiter könnten die relevanten Räume heute in kurzer Zeit begehen, die Daten vor Ort aufnehmen und daraus auch die Eingaben für die Bonus oder Malus-Verrechnungen generieren.
Ein weiteres bedeutendes Thema im Real Estate Management bei Beiersdorf in Hamburg liegt im Workplace-Management. Schon im Jahr 2008 hatte das Unternehmen damit begonnen, die herkömmliche Struktur reiner „Zellenbüros“ aufzulösen und diese sukzessive über Um- und Neubaumaßnahmen in neue Arbeitswelten zu überführen. Ziel war eine höhere Zufriedenheit bei den Mitarbeitern und eine produktivere Zusammenarbeit – auch dank besserer Transformation von Sekundärinformationen. Und auch hier ging es um die Optimierung in Kommunikation und Kooperation. Hatte man seinerzeit zunächst mit 150 Arbeitsplätzen begonnen, so arbeiten heute über 750 Mitarbeiter/innen im Open-Space. Und mit Fertigstellung des aktuellen Büro-Neubaus auf dem Beiersdorf Campus Ende 2021 werden weitere dazu kommen. Künftig wird Beiersdorf auf dem „Beiersdorf Campus“ rund 2.250 hochmoderne Standardarbeitsplätze haben und darüber hinaus weitere 1.200 flexible Arbeitsmöglichkeiten schaffen, bspw. auf Projektflächen, in Besprechungsräumen, Rückzugsräumen, Stillarbeitsflächen oder im Working Café. Eine nicht unwesentliche neue Herausforderung für die Verantwortlichen im Real Estate Management, gehe es doch um ganz verschiedene Nutzer in großer Anzahl auf derselben Fläche, so Alexander Hübner. Ab dann solle daher auch eine übergeordnete App zum Einsatz kommen, mit deren Hilfe sich das Personal jeweils selbst Schreibtische, Meetingräume, Spielstätten oder Rückzugsorte reservieren und buchen könne.
In diesem Zuge werde man dann das Ticketsystem weiter ausbauen. Dabei ginge es um die weitere Steigerung der Kommunikation auch über die Abteilungsgrenzen hinweg. So werde beispielsweise das Schließmanagement von der Security verantwortet und sei kein Bestandteil der Abteilung Real Estate Hamburg. Relevante Daten seien aber gleichwohl schon heute in Archibus-CAFM hinterlegt. Und mit Fertigstellung des Neubaus und seinen Digitalschließungen eröffneten sich dann auch an dieser Stelle weitere System-Synergien.
Die Einführung neuer Software und die Umsetzung von Digitalisierungsstrategien kann jedoch nur funktionieren, wenn die Menschen das wollen und die Veränderungen akzeptieren und mitgehen, resümiert Alexander Hübner. Dazu müssen die beteiligten Mitarbeiter ihren eigenen Vorteil und Nutzen in der Anwendung erkennen können. Und da sei es sehr vorteilhaft gewesen, dass Archibus-CAFM frei programmier- und anpassbar ist. Die Logik der jeweiligen Anwendungen und die Anpassungen an die Prozessstrukturen konnten so eingestellt werden, dass sie den Kernprozessen bei Beiersdorf vergleichbar entsprachen. Wenn heute die Verantwortlichen aus den anderen Abteilung Informationen zur Raumbelegung oder zum Flächenverbrauch ihrer Kostenstellen haben möchten, finden sie sich leicht und verständlich in ihren bekannten Strukturen wieder.
Die hohe Verfügbarkeit relevanter Daten, der mobile Zugriff und die einfache Bedienbarkeit stellen die wesentlichen Verbesserungen durch die Einführung von Archibus-CAFM dar. Deren Bedeutung für die Aufgaben und die Verantwortung im Real Estate Management zeigte sich einmal mehr mit den Folgen der Corona-Krise. Wo etwa Mitarbeiter vom Homeoffice aus Zugriff auf strukturierte Daten benötigen, um weiterhin in die Prozesse hineinzuarbeiten, waren die wesentlichen technischen Voraussetzungen dafür schon gegeben.
Hohe Verfügbarkeit relevanter Daten und mobiler Zugriff bei einfacher Bedienbarkeit von enormem Vorteil auch in der Corona-Krise
Die Grundlagen, um die Vorteile von CAFM und speziell die von Archibus-CAFM in vollem Umfang zu generieren, wurden laut Alexander Hübner schon zu Beginn geschaffen: Wenn man sich für ein CAFM-System entscheidet, müsse man sich im Klaren sein, wohin die eigene Reise gehen soll. Die Software müsse sich einfach und bedienungsfreundlich an die eigene Organisation anpassen und mit deren weiteren Änderungen dynamisch mit leben können. Eine dauerhaft gut funktionierende bidirektionale Schnittstelle zu AutoCAD habe für das Team höchste Priorität gehabt, weil diese das führende System sei und bleibe. Und die Anwendungen müssten selbstverständlich auf den verschiedenen Plattformen lauffähig sein: On-Premise, in der Cloud und als App. Entscheidend sei aber auch, mit einem Anbieter zusammen zu arbeiten, der mit seinen Entwicklungen nicht schon nach wenigen Jahren in eine technische Sackgasse gerate – angesichts der immer dynamischeren Digitalisierung. Alles Weitere sei dann auch eine Frage der persönlichen Befindlichkeit gegenüber den Menschen, mit denen man partnerschaftlich über einen langen Zeitraum zusammenarbeiten wolle. Auch in der Transformation zur Digitalisierung komme es immer noch auf den Einzelnen an – die Intelligenz sitze schließlich vor dem Bildschirm. Doch nur wenn alles, was man an Daten im System hat, auch gehegt und gepflegt werde, gelange man zum gewünschten Erfolg. Nichts sei schlimmer als eine Datenbank, von der man nicht weiß, in welchem Zustand diese ist. Und wenn dann mal die Feuerwehr kommen müsse, dann will man auf einer Fläche von acht Fußballfeldern direkt und exakt zeigen können, wo sie hin muss – eben nicht einfach nur der Rauchfahne nach.
Alle Fotos am Beiersdorf-Stammsitz in Hamburg; mit freundlicher Genehmigung von Beiersdorf